Anna von Boetticher gelang zwei neue Apnoe-Rekorde im Walchensee aufzustellen
Anna von Boetticher stellt Bestmarken in den Disziplinen „Variable Weight“ und „No Limit“ auf
Die Apnoeszene in Deutschland hat Grund zum Jubeln: Anna von Boetticher gelang es, im Walchensee zwei neue Süßwasserrekorde in Disziplinen mit variablem Gewicht aufzustellen. In der Tieftauchdisziplin „Variable Weight“ verbesserte die 46-Jährige aus Icking die bisherige Marke von 47 auf 60 Meter. In der Kategorie „No Limit“ erreichte sie sogar eine Tiefe von 70 Metern. Die bisherige Bestmarke lag bei 44 Metern.
Mit dem Schlitten in die Tiefe
Anna von Boetticher gleitet von der schwimmenden Plattform in das sechs Grad kalte Wasser. Gelingt der Rekordversuch oder gelingt er nicht? Die Anspannung ist enorm. Vor dem Tauchgang sind vor allem die letzten Minuten entscheidend. Hoch konzentriert versucht die Apnoetaucherin aus dem oberbayerischen Icking ihren Pulsschlag herunterzubringen. Ein letzter Atemzug, dann rast der Tauchschlitten in die pechschwarze Tiefe. Auf 70 Metern angekommen, beginnt von Boetticher mit dem Aufstieg. Ein Hebesack bringt sie nach rund zwei Minuten zurück an die Wasseroberfläche.
„Ich öffne immer erst die Augen, wenn ich unten bin“, erklärte Anna von Boetticher in einem Gespräch mit der Zeitung Merkur.de. „Wenn man im Walchensee tiefer als 40 Meter taucht, wird es stockfinster. Aber das Wasser ist glasklar.“ Die 46-Jährige hatte deshalb eine LED-Lampe auf ihre Tauchmaske montiert: „Im schwachen Schein sah ich das Seil und den Schlitten.“
Apnoedisziplinen „Variable Weight“ und „No Limit“
Bei der Tieftauchdisziplin „Variable Weight“ (VWT) versucht ein Freitaucher mit einem einzigen Atemzug so tief wie möglich zu tauchen und anschließend an die Wasseroberfläche zurückzukehren. Der Apnoetaucher lässt sich dabei durch ein Gewicht oder einen Tauchschlitten von höchstens 30 Kilogramm nach unten ziehen. Der Begriff „variables Gewicht“ rührt daher, dass der Schlitten beziehungsweise das zusätzliche Gewicht in der Tiefe verbleibt. Der Taucher zieht sich in der Regel anschließend am Führungsseil wieder nach oben. Zur Unterstützung werden zusätzlich Tauchflossen verwendet.
Bei der Disziplin „No Limit“ (NLT) gibt es überhaupt keine Begrenzungen. Das Abtauchen erfolgt mithilfe eines Tauchschlittens, dessen Gewicht frei wählbar ist. Die Abstiegsgeschwindigkeit lässt sich durch eine mechanische Bremse kontrollieren. Für den Aufstieg verwendet der No-Limit-Taucher einen luftgefüllten Hebesack.
Rekordversuch im Walchensee
Die Apnoeszene wartete gespannt darauf, ob von Boetticher die deutschen Süßwasserrekordmarken knacken würde. Die bisherigen Bestmarken lagen bei 47 („Variable Weight“) und 44 Metern („No Limit“). Vor den Augen der Fachpresse gelang es der Ickingerin, mit Tiefen von 60 und 70 Metern die bestehenden Rekorde deutlich zu übertreffen. Zur Vorbereitung war die 46-Jährige bereits am 8. Juli an den Walchensee im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen gereist. Aufgrund des stürmischen Wetters gestaltete sich das Training jedoch schwierig.
Anna von Boetticher kam auf Einladung des Apnoetauchers und -ausbilders Frank Bittner nach Oberbayern. Er betreibt eine Tauchschule in Kochel und kennt die deutsche Rekordhalterin bereits seit Jahren. Bittner koordinierte die Veranstaltung und organisierte von Boettichers Tauchausrüstung. Gemeinsam mit der Freitaucherin Ekaterina Romanova gehörte er bei den Rekordversuchen der Jury an. Die Wasserwacht Walchensee sowie eine Tauchärztin gewährleisteten einen sicheren Ablauf der Tauchgänge.
Anna von Boetticher gehört zu den besten Apnoetaucherinnen der Welt
Von Boetticher stellte bisher insgesamt 27 deutsche Rekorde auf und zählt weltweit zu den besten Freitaucherinnen. Sie nahm an vier Weltmeisterschaften teil und gewann dabei insgesamt drei Bronzemedaillen in den Disziplinen „Constant Weight without Fins“ sowie „Free Immersion“. Gemeinsam mit ihrem Tauchpartner und Coach, dem Schweizer Andrea Zuccari, brach sie im Juni 2011 im ägyptischen Sharm el Sheik den Weltrekord in der Freitauchdisziplin „Tandem No Limits“ mit einer Tiefe von 125 Metern. Bei einem anschließenden Weltrekordversuch verlor die Deutsche in einer Tiefe von 30 Metern das Bewusstsein. Sie hatte sich in der Disziplin „Variable Weight“ von einem Tauchschlitten in 130 Meter Tiefe ziehen lassen, um den damaligen Weltrekord (126 Meter) zu verbessern.
In dem Fernsehfilm „Das Mädchen auf dem Meeresgrund“ aus dem Jahre 2010 über die erste Tauchexpedition des Pioniers Hans Hass im Roten Meer doubelte Anna von Boetticher die Schauspielerin Yvonne Catterfeld als Lotte Hass bei den Unterwasser-Stuntszenen.
Video: Anna von Boetticher mit neuem Apnoe-Rekord